IDZ: Wissen schafft Demokratie 08/2020 - Antisemitismus

Die Beiträge des vorliegenden Sammelbandes geben auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse einen Überblick über die derzeit drängendsten Fragen im Umgang mit Antisemitismus:

Führende Expert*innen der Antisemitismusforschung zeigen in theoretischen und historischen Beiträgen die zentralen Verbreitungsfelder antisemitischer Denkmuster auf – vom Rechtsextremismus über das politisch linke Spektrum, den Islamismus, das verschwörungsideologische Milieu bis hin zur sogenannten Mitte. Sie veranschaulichen die vielgestaltigen Erscheinungsformen antisemitischer Artikulation, die sich mal als Erinnerungsabwehr, mal als Hass auf Israel, mal als Antifeminismus, mal als Verschwörungsglaube und mal als personalisierte Kapitalismuskritik geriert. Dabei wird deutlich: Antisemitismus wirkt als Integrationsideologie, die Akteure über unterschiedliche politische Spektren hinweg verbindet – wie sich auch im Rahmen der COVID-19-Pandemie bei den Demonstrationen gegen
die Corona-Maßnahmen zeigte.

Praxisorientierte Beiträge und Fallanalysen konturieren zentrale Konflikträume antisemitischer Artikulation, allen voran das Internet und die Schule, aber auch den Bereich der Kultur. Ein Schwerpunkt liegt auf der Analyse antisemitischer Umtriebe in Thüringen. Basierend auf langjähriger Erfahrung werden Präventions- und Interventionsstrategien vorgestellt, die sowohl auf staatliches als auch zivilgesellschaftliches Handeln zielen.

Gideon Botsch schreibt in dem Band über "Rechtsextremismus und den neuen Antisemitismus". Der Beitrag bezieht den rechtsextremen Antisemitismus auf die jüngere Debatte um einen „neuen Judenhass“. Denn die extreme Rechte bleibt ein außerordentlich aktiver und besonders radikaler Akteur, der auf einem geschlossenen antisemitischen Weltbild aufbaut und für entsprechende Straf- und Gewalttaten verantwortlich ist. Sie trägt sowohl zur Tradierung „alter“ Motive des Antisemitismus und ihrer Anpassung an den aktuellen Antisemitismus bei, als auch zur Entwicklung und Verbreitung „neuer“ Motive. So verbinden sich in der Rede über einen „Großen Austausch“ als Interpretationsrahmen für Migrationsprozesse und Asylpolitik Elemente verschwörungsmythischen antisemitischen Denkens mit flüchtlingsfeindlichem Rassismus. Die Forschung sollte die extreme Rechte wieder stärker als eigenständigen und dynamischen Akteur im Feld des Antisemitismus in den Blick nehmen.

Über das IDZ

Das „Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft – Thüringer Dokumentations- und Forschungsstelle gegen Menschenfeindlichkeit“ (IDZ) ist eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung in Trägerschaft der Amadeu Antonio Stiftung. Das Institut wird gefördert durch das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit und hat im August 2016 in Jena die Arbeit aufgenommen. Aufgaben des Institutes sind der Erkenntnistransfer zwischen Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft sowie die gemeinsame Entwicklung, Realisierung und Dissemination von Forschungsprojekten zur Förderung der demokratischen Kultur.

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